Startseite Fahrtensegeln Törnberichte 1999 - Eine Rundreise zu Wasser durch/um Holstein und ein bisschen Hamburg vom 07. -17.07.1999

Auszug aus dem Logbuch des MB Joker
Eine Rundreise zu Wasser durch/um Holstein und ein bisschen Hamburg vom 07. -17.07.1999


Häfen: Laboe -Brunsbüttel - Uetersen - Harburg - Lauenburg -Mölln -Travemünde - Lippe - Laboe

Der Freitagmorgen zeigte sich im leichten Morgendunst mit geringer Bewölkung. Im Laufe des Tages nahm der Ostwind zu und blies die Wolken fort. Da wir mit dem Flutstrom elbaufwärts laufen wollten, der Gezeitenkalender für Freitag und Brunsbüttel Niedrigwasser (NW) 05.17 h auswies, bedeutete dies natürlich Frühstart. Die Jungs auf der Schleuse spielten mit. Der Joker hatte die Kammer ganz allein für sich - ein tolles Gefühl - danke. Wir liefen aber anfangs wegen des Ostwindes doch noch gegen einen leichten Ebbstrom. Machte aber nichts. Vor uns setzte sich ein Saugbagger mit schwarzem Ball, Rhombus, Ball (Sechsergruppe) und sorgte für ausreichende Wassertiefe. Im weiteren Verlauf befuhren wir zunächst die Glückstädter-Nebenelbe -inzwischen hatte ein kräftiger Flutstrom eingesetzt-danach ging's in die Pagensander-Nebenelbe.

Pagensand-Nord-Leuchtfeuer sorgt schon weit vor der Insel, praktisch im Wasser stehend, für sichere Navigation. Die Krückau ließen wir links liegen, wir wollten nach Uetersen die Pinnau hoch. Doch die Pinnau hat ein Sperrwerk mit einer beweglichen Brücke überweg und an seinem Tower führt es Lichter. Da mussten wir zunächst einmal das nautische Wissen eines Anglers vor Pagensand prüfen, bei welcher Lichterkonstellation wir denn das Sperrwerk durchfahren können? „Ein weiß über zwei rot“. Genau- wir konnten fahren. Offiziell: Durchfahrt frei, wenn die Durchfahrtshöhe dieses zulässt, Gegenverkehr beachten.

Anmerkung des Schreibers: Zur Zeit meiner Mitsegleraktivitäten auf Pinnau und Elbe gab es das Sperrwerk noch nicht. Es wurde nach der großen Sturmflut 1962 im Rahmen des Küstenschutzes zusammen mit Eider-, Stör-und Krückau-Sperrwerk erbaut. Die Sturmflut hatte besonders in Hamburg-Wilhelmsburg viele Menschenleben gefordert. Innensenator von Hamburg war seinerzeit Helmut Schmidt. Durch sein „alles hört auf mein Kommando“ bekamen die Rettungsmaßnahmen ein Gesicht; zum Nutzen der in arge Not geratenen Bevölkerung und wie sich später zeigte, auch zu seinem.

So jetzt geht's aber weiter. Das Wasser in der Pinnau hatte gut die Hälfte seines Höchststandes, als wir die Drehbrücke von Levendeich passierten. Sie ist eine der ältesten Drehbrücken Schleswig-Holsteins und deswegen braucht sie ein Faceliftung. Zu diesem Zwecke hatte man sie zwischen Deich und Au ins Gras gelegt. Schlecht für die Autofahrer, gut für die Segler. Und für den Brückenwärter? Früher war Muskelkraft gefragt und zu Weihnachten gab es 'n Buddel Schluck von jedem Segler -da drehte sich dann wohl was anderes.

Kurz vor der Brücke an backbord schaut das Reetdach eines weithin bekannten Aalrestaurants über'n Deich. Ein paar Meter weiter an steuerbord der kleine erweiterte Yachthafen von Klevendeich. Im Bereich Uetersen/Deichstraße kamen Erinnerungen an die Kindheit auf, als wir meist im großen Tross Onkel Hannes und Tante Greta in Moorrege besuchten. Neben dem großen Bauernhof damaliger Prägung inklusive eines riesigen Bullen mit einem Ring durch die Nase war das Übersetzen im eisernen Prahm das aufregendste. Per Glocke, sprich ein Stück Rohr mit 'nem Stück Eisen am Band, „Hol über“ wurde der Fährmann gerufen. Für ein paar Reichspfennige wriggte er uns hinüber und abends retour. Hauptsächlich betrieb er wohl eine kleine Landwirtschaft. Etwa hundert Meter weiter war ein treppenartiger Anleger. Hier wartete seinerzeit eine Barkasse auf Ausflugsgäste. Ihr Ziel war das „Alte Land“ auf der anderen Elbseite- meist um Kirschen zu klauen. Weitere hundert Meter die sogenannte Schaumannkurve, meist zu eng für größere Schiffe. Aus ihr wurde ein Bootshafen. Die Berufsschiffahrt erhielt eine für sie freundlichere Kurve mit einem größeren Radius.

Zwischen den Deichen weiter, an backbord ganz winzig zwei Spitzen -der Kirchturm der Klosterkirche zu Uetersen und ihr Dachreiter. Uetersen, der Name kommt von Üterst-End -äußerstes Ende. Gemeint ist der Geestzipfel (auf dem Kloster und Kirche stehen), der in die Marsch hinein ragt. Nicht ganz so harmonisch die drei Hochhäuser auf der Klosterkoppel (Aber bitte nicht weitersagen, meine Nichte Frauke wohnt dort. Wir hören noch später von ihr). Eine Stunde dauert die Fahrt von der Mündung bis zum Stichhafen immer noch. Mit Stillegung der großen Getreidesilos ist der Hafen wohl der Bedeutungslosigkeit anheimgestellt. Der Hafen fällt trocken wir drehten bei. Unser Ziel war der Dockhafen der Seglervereinigung Pinnau, gleich hinter (auslaufend vor) dem Sperrwerk. Ein kleiner, Schilf/Reet umsäumter See in Mitten der Marschwiesen.

Der Hafen und sein Umfeld zeugt von einem intakten Vereinsleben. Klubheim, Sanitär, Kinderspielplatz, alles top. Verbunden bzw. getrennt ist der Dockhafen mit der Pinnau durch ein hohes, zweiflügeliges Holztor. Öffnen lässt sich dieses Tor nur bei Wassergleichstand, bei Druckausgleich. Nun ließ aber der starke Ostwind das Wasser in der Pinnau nicht recht ansteigen. Und wir lagen da und wollten rein. Als dann fast Wassergleichstand herrschte, erbarmten sich einige „Binnenlieger“, kamen mit einem Tampen und zogen mit vereinten Kräften das Tor auf.

Am nächsten Tag wieder Ostwind- ihr könnt euch schon denken! Entgegen des Elbehandbuches bietet der Hafen keinerlei Versorgungsmöglichkeiten. Aber wer aus der Gegend stammt, hat ja auch Verwandtschaft in der Gegend. Und der Joker brauchte nun mal Diesel. Also den Großneffen Rainer angerufen. „Kein Problem, ich komme!“
 
Kein Problem, von wegen. Von Moorrege kommend musste er nun erst einmal feststellen, dass man die Drehbrücke ausgehängt hatte. Also zurück nach Uetersen über die Klappbrücke an der Papierfabrik und in Richtung „Neuen Deich„“, und dann? Ja, weiter wusste er auch nicht. Wissen auch nur Insider, z.B. Erna, die Schwester des Schreibers und in Personalunion die Oma des Tankwagenfahrers. Zum Glück gibt es Handys. Ein Treffpunkt wurde vereinbart. Da die Oma aber nicht mehr selber Auto fährt, musste Nichte Frauke chauffieren. Und so trafen schließlich 10 Liter Diesel- mit denen der Joker ein ordentliches Stück weiterkommt -mit zwei Autos, der Schwester, der Nichte, dem Großneffen, Urgroßnichten Kimberly und Marleen, ein Tageskind sowie meine „kleine“ Freundin Leni- eine Berner Sennenhündin- ein. Soll keiner mehr auf die Handys schimpfen.

Uwe Stark