Wer kennt nicht im Laboer Hafen neben dem Jollenslip das sorgfältig und mit viel Liebe gepflegte Motorboot Joker. Uwe Stark hat mit ihm schon einige interessante Fahrten unternommen. Einige seien hier genannt: Laboe-Hamburg-Elbe-Lübeck-Kanal-Ostsee-Laboe, von Dresden abwärts bis Laboe, Weser abwärts bis Laboe und nun im letzten Jahr die Ems aufwärts bis zum Dortmund-Ems-Kanal, dem Küstenkanal, der Hunte, dem Nord-Ostsee-Kanal bis Laboe; mit seinen Worten zitiert: „Binnenwärts von Emden nach Laboe“.
Ein Auszug aus seinem Logbuch „Jokers Emstour 2002“
2. Tag – Mittwoch, 10.07.02 – Emden / Papenburg
Nieselregen, schlechte Sicht – das Wetter lud zum Verweilen in der Koje ein. Keine dolle Stimmung an Bord. Na ja, was nützt die Stimmung, der Gezeitenkalender ordnet für heute morgen Niedrigwasser Emden für 7.22 Uhr an. Und wir wollten ja möglichst mit der Flut in Richtung Papenburg. Um 7.20 Uhr zeigten wir der Werft unser Heck. Aus dem kleinen Hafenbecken ins Große, ganz langsam – schiet Sicht.
Die Nesserland-Seeschleuse hatte ihr hafenseitiges Tor auf. Vor uns lief das Tankschiff Emstank 5, als auch schon über Lautsprecher die Aufforderung „Sportboot nach dem Tankschiff einlaufen und an Steuerbord festmachen“ kam. Zu uns, an der Backbordseite, gesellte sich noch ein Vermesser, die Ems. Von Form und Aufbauten ein Veteran, eine Augenweide. [7.37 Uhr]. Der Fluss hatte Ebbe, es ging also abwärts mit uns dreien. Nach dem Echolot ca. 2,50 m. Vor dem Öffnen des seeseitigen Schleusentores musste noch die Klappbrücke hochklappen, dann waren wir draußen. Die Ems zog flott ihren Kurs Richtung See. Wir trödelten hinter der Emstank 5 her, bis der Schipper aus seinem Gehäuse kam und uns wild mit dem Arm rudernd zum Überholen überredete. „Wendekreis“ ist in der Seekarte vermerkt. Er wollte drehen – wahrscheinlich hatte er versucht, uns über UKW zu erreichen. Leider Fehlanzeige auf’n Joker – „kein Platz“.
Das Wetter war hinter der Schleuse genauso wie davor. An Steuerbord einer von den potthässlichen Autofrachtern. Die Dinger ähneln eher riesigen Schuhkartons als Schiffen. So liefen wir erst einmal auf den Dollart zu. Außer einer großen, trockenfallenden Wattfläche gab’s da nicht viel zu sehen. Um 8.02 Uhr hatten wir die grüne Ems-Tonne Nr. 73 zu fassen. Fremdes Revier, schlechte Sicht, es wurde sorgfältig gekoppelt: gn. To. 73 8.02 Uhr gn. To. 75 8.07 Uhr gn. To. 77 8.11 Uhr usw. Anfänglich war das Wasser etwas unruhig (für den Joker), wurde dann aber ab Tonne 85, Höhe der Ortschaft Ditzum merklich ruhiger. Unruhig wurde der Skipper: Das im Bau befindliche Ems-Sperrwerk in Sicht. Eine riesige Baustelle, vor allem aber unübersichtlich aus der Perspektive eines kleinen Motorbootes – die Augenhöhe beträgt ja nun mal nicht mehr als 1 m über Wasserlinie. Wir hatten Glück, keinen Mitläufer und keinen Entgegenkommer, es stand uns also die ganze Breite der Durchfahrt zu Verfügung. Der Flutstrom schob uns mit Gewalt zwischen den Pfeilern hindurch, und der Rudergänger muss schon mächtig aufpassen, wo die Turbolenzen das Boot hinschieben wollen, er es aber nicht haben will.
9.08 Uhr – gn. To. 101, an Land die Kilometer-Marke 26 – es wurde notiert: Starker Flutstrom, braunes Wasser. Kein Wunder, die Ems wird deutlichschmaler, enger. Es herrscht reger Frachtverkehr auf diesem Teil der Ems. Die meisten Binnenschiffer führen das holländische rot, weiß, blau am Heck. Die gleichen Farben führte auch der entgegenkommende Flusskreuzfahrer, benannt nach dem Schreiber des Romans „Der Glöckner von Notre Dame“– Victor Hugo. Irgendwie kriegt man ja sogar die Verbindung, denn jedes größere Schiff, das bei Nebel vor Anker liegt, muss ja mit seiner Glocke bimmeln. Blöd nich?
Um 10 Uhr durchfahren wir die „Jann-Berghaus-Brücke“. Eine Klappbrücke, die uns anzeigt, wir befinden uns in Höhe der Stadt Leer. Der hohe Deich zwischen der Stadt und uns lässt keine Sichtverbindung zu. Ein kleines bisschen weiter bei To. 119 mündet an backbord die „Leda“ in die Ems. Die Leda verbindet den Leerer Hafen mit den Weltmeeren.[Anm.: Leer ist sehenswert und hat vor allen Dingen einen wunderschönen Binnenhafen].Fluss-km 7, 10.21 Uhr die Friesenbrücke nahe der Stadt „Weener“ (wieder nicht zu sehen). Es handelt sich hier um eine Eisenbahnklappbrücke, die augenscheinlich ständig offen steht. Vermutlich ist der Schiffsverkehr an dieser Kreuzung wesentlich größer als der auf den Schienen.Um10:30Uhr, km 2, es überholt uns ein holländisches Frachtschiff und biegt kurz darauf nach links ab und stoppt. Warum, wir waren schon vor der Papenburger Seeschleuse und der Schleusenmeister hatte sein Tor noch nicht weit genug auf.
Als der Holländer passte, passte der Joker auch. Grün ist eben grün. Das war ja Klasse. Ich muss das an dieser Stelle mal erklären. Mit einem so kleinen Boot vor einer so großen Schleuse, das macht mich befangen. Irgendwie bin ich der Meinung, weil die Relationen nicht recht stimmen, hat man kein Anrecht auf (Einzel-)Schleusung. Aber was soll’s, zwischen Fluss und Hafen haben die Menschen ja nun mal so ’n Ding eingebaut, also müssen sie mich da auch durchlassen. Anders dagegen die Dockschleuse nebenan. Praktisch ein Privatvergnügen der „Jos.L.Meyer Werft“. Eine Dockschleuse hat nur ein Tor und kann praktisch nur geöffnet werden, wenn auf beiden Seiten (des Tores) gleicher Wasserstand vorhanden ist. Herrn Meyers Riesenkreuzfahrer können die Werft, den Hafen nur bei höchstem Wasserstand (Springflut) verlassen.
Nun wieder zu uns: 10.55 Uhr hatten wir in der Schleuse festgemacht und 11.10 Uhr waren wir auch schon wieder draußen. Schön langsam hinter dem Holländer an der Werft vorbei, immer geradeaus. Das Frachtschiff suchte sich seinen Liegeplatz, wir den Durchlass zum innerstädtischen Yachthafen von Papenburg. Gefunden war er schnell, nur dreifach verschlossen. Durch eine doppelte Eisenbahnbrücke mit Oberleitung und eine Straßenbrücke. Die Durchfahrtshöhe – ca. einen halben Meter – ließ keine Passage zu. Für einen kurzen Moment öffneten sich die Brücken, ließen das kleine Fahrgastschiff „Papenburg“ hindurch und bevor wir reagieren konnten, waren die Klappen auch schon wieder heruntergefahren. Der für die Brücken zuständige Bundesbahner hatte für uns auch gar nicht erst seine grüne Laterne angezündet. Die „Papenburg“ sah nach einem Hafenrundfahrdampfer aus, d.h. wir mussten nun wohl warten, bis er seine Runde gedreht hatte und wieder in seinen Stall wollte. So geschah es, dass wir vor der Schleuse bis an „unseren“ Liegeplatz ca. eine Stunde brauchten. Beim „Yachtclub Turm-Kanal Papenburg e.V.“ fanden wir einen schönen Platz. Was nicht schön war, das Wetter, immer wieder Regen. Der Hafenarm, auf dem wir uns befanden, heißt „Turmkanal“. Dominiert wird die Anlage von einem mächtigen Werftkran, einem Turmdrehkran aus einem anderen Zeitalter. Dieser Kran war sicherlich nicht der Namensgeber des Kanals, denn der Vereinsstander zeigt einen alten Wehrturm in seiner Mitte. Stellvertretend für ihren kranken Vater war z.Zt. eine hübsche, junge Deern „Hafenkommandeuse“. Mangelnde Erfahrung wurde durch erfrischenden Charme und Hilfsbereitschaft kompensiert.
Partner Winni erhielt die Kopie eines Stadtplans und machte sich auf die Socken. Als nasse Socke kam er retour. Ich erhielt unterdessen ein Privatissimum über die Frage: Wie kommen wir morgen früh wieder raus aus dieser Mausefalle? Ganz einfach: Erst auf der Seeschleuse anrufen und sich einen Schleusentermin geben lassen. Mit diesem Termin über die Möglichkeiten der Öffnung der drei Brücken mit der Deutschen Bundesbahn verhandeln! Wat musst du auch auffe Flüsse rumschippern! Nützt nichts, wer raus will, muss telefonieren. Also Seeschleuse: „Kein Problem, morgen früh 6.54 Uhr wird geschleust.“ So präzise, hat er wohl schon 'n Großen, denk ich mir. Dann Herrn Bundesbahn angerufen: „Ja, wir lassen sie morgen früh gegen 6.15 Uhr durch. Rufen sie aber bitte um 5.50 Uhr, wenn sie vor der Straßenbrücke liegen, noch mal an.“ Alles ganz einfach, nich?
Uwe Stark